Sehen: Am Ende der Milchstraße
Dokumentarfilm von Leopold Grün und Dirk Uhlig
Wer davon spricht, dass eine Region in unserem Land prosperiert, vergisst oft, dass es nur bestimmte Zentren sind, in denen die Entwicklung stattfindet. Was wohl in erster Linie wächst, ist das Gefälle zwischen diesen Zentren und den nicht einfach zu fassenden anderen Orten. Solche Orte findet man in der Stadt genauso wie auf dem Land. Ganze Gegenden stagnieren in ihrer Entwicklung. Haben sie nicht den Bonus einer sozialen Problemzone und gesteigerte mediale Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum, werden sie von der Gesellschaft oft mit einem solchen Desinteresse bedacht, dass sie drohen, aus ihr herauszufallen. Häuser verfallen, Bahnlinien werden geschlossen, Einkaufsmöglichkeiten verschwinden aus den Dörfern, die Infrastruktur wird auf ein Minimum reduziert, die kulturelle Grundversorgung bleibt aus, soziale Netzwerke brechen zusammen und Arbeitsplätze sind schon seit Jahren Mangelware. Es sieht so aus, als würde alles dem Brachland überantwortet. Doch fernab der Zentren der Aufmerksamkeit geht Leben weiter. Beim genaueren Hinschauen ist die Schrumpfung eher eine Veränderung. Eben hier setzt der Film an. Es geht um die Menschen, die mit ihrem Bleiben dem Verfall einer ganzen Gegend Widerstand leisten. Beharrlich aktivieren sie fast vergessene Formen des Zusammenlebens und der Arbeit. Selbstversorgung, Tauschwirtschaft und Nachbarschaftshilfe sind die neuen Überlebensstrategien des Alltags.