Schleefs Vision galt nicht dem niedrigen ICH, sondern dem Menschen, der die Geschichte seiner Gattung, seiner eigenen Person und seiner Umstände in sich trägt und durch diese Größe erlangt. Ihn hat immer der Prozess, das Gewordensein des Menschen interessiert. So sagte er nach 1990 über die Künstler des Ostens: „Wir sind noch da!“ Schleef selbst verließ 1976 die DDR, seine Ost-Vergangenheit war immer gegenwärtig.
In seinen Prosatexten und Tagebüchern beschreibt er die Qualen, seinem Anspruch, seiner Vorstellung von einem Künstler-Kollektiv gerecht zu werden, und er geht soweit, die Erhöhung des ICH als eine Mischung aus Liebe und Lüge zu bezeichnen. Einar Schleef hat das Gefährliche, das Schmerzhafte, auch das Körperliche, das „Beschissene“ der Isolation beschrieben, in die er durch seinen Anspruch oft geriet. Wut und Verzweiflung werden genauso deutlich wie eine große Liebe. Seine zerstörerische Egozentrik gehörte zur unvergesslichen und intensiven Zusammenarbeit.
Diese Lesung thematisiert einen der Widersprüche der Kunstproduktion: Rücksichtslosigkeit, Wahrhaftigkeit einerseits und Poesie, Dichtung und Lüge andererseits. Beide Komponenten werden durch Unlösbarkeit gerahmt, die Schleef versuchte zu durchbrechen.
Bärbel Bolle und Axel Wandtke lesen die Texte von Einar Schleef. Ricarda Bethke liest Ausschnitte aus ihrer Schrift „Stimme für einen Toten“.
Tickets kosten an unseren Billettkassen 6,- Euro. Bei Buchungen über unseren Webshop kommen je 2 Euro Systemgebühr dazu