Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Denkzone: Radwechsel der Geschichte 4

mit Christoph Menke und Carl Hegemann und als Gast Dirk Baecker


"Die Leute meinen immer, sie bekennen sich als dumm, wenn sie bekennen, dass eine Gemeinheit gegen sie verübt wurde. Warum eigentlich?" (Bertolt Brecht). In der Veranstaltungsreihe von Christoph Menke und Carl Hegemann ist diesmal einer der profiliertesten Soziologen, Dirk Baecker, zu Gast. Der Kulturtheoretiker und Theaterfan wird sich mit komplexeren Formen von Täuschungs- und Betrugsspielen beschäftigen, mit denen wir unser Leben erhalten und es gleichzeitig zerstören.
Confidence games sind Betrugsspiele, in denen der Betrogene gleich zweimal betrogen wird, zuerst um den Einsatz, um den es geht, und dann um seinen berechtigten Ärger, der ihm vom Betrüger oder von einem Partner des Betrügers ausgeredet wird, damit er nicht noch mehr Ärger bekommt, weil er in den Augen aller als Betrogener dasteht. Herman Melville hat diesem Thema einen großen Roman und Erving Goffman eine präzise Interaktionsanalyse gewidmet. Es stellt sich die Frage, ob das confidence game nicht ein Rahmen ist, der es uns ermöglicht, besser zu verstehen, was uns fortwährend widerfährt. Sind wir nicht in der Situation, uns unseren Ärger selber dauernd auszureden, den wir verspüren, wenn wir sehen, wie wir mit uns umspringen? Sind wir nicht, in wechselnden Konstellationen Betrüger, Betrogene und Beobachter des Spiels zugleich? Und wenn das so ist, was sagt uns das über die Tragödien und Komödien der Geschichte? Dass die Tragik nicht ohne Komik und die Komik nicht ohne Tragik zu haben ist? Dann aber haben wir es mit sich selbst aufhebenden Formen zu tun und stecken mitten in einer Formtheorie (um nicht zu sagen „Formkrise“) der Gesellschaft.

  

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