Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Diamanten sind Kohle auf Arbeit

von Pawel Demirski nach Anton Tschechows "Onkel Wanja"/ Übersetzung von Andreas Volk


Die Geschichte hat schon aufgehört, heißt es am Anfang, aber die Figuren scheinen in ihrer Geschichte gefangen. Die Figuren sind die Protagonisten aus Tschechows „Onkel Wanja“, wie sie seit 100 Jahren nicht aufgehört haben, sich gegenseitig aufzureiben und sich ihre Unzulänglichkeiten vorzuhalten. Der Knecht hat rebelliert, aber er hat es nicht geschafft, den Herrn zu töten. Alles geht weiter wie bisher. Nur die Perspektive auf Zukunft und Veränderung ist verschwunden. Pawel Demirski macht zum Ausgangpunkt, was Endpunkt war, und nutzt das anarchische Potential des Komischen. Die „Opfer der Transformation“ in einer „alternativlos“ neoliberalen Welt werden sich ihrer Lage bewusst – aber was erkennen sie? Geschichte wiederholt sich, aber nur als Farce, Komödie, Spiel.
Bei Tschechow hatte angesehene „Professor“ den Entschluss gefasst, das Gut, auf dem alle leben, zu verkaufen, aber durch einen halbherzigen Mordversuch seines Verwalters Onkel Wanja wurde er umgestimmt und reiste ab. Alles ist jetzt gut, nur irgendwie fühlt man sich als Verlierer, Geld fehlt auch, und mit Händen und Füssen stemmt man sich gegen die Realität wie sie ist. Der Professor dagegen gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Ökonomie. Mit dem Züchten von Diamanten aus Kohle ist er zu Geld gekommen oder er hatte einfach Kohle und ist ins Juweliersgeschäft gewechselt. Keiner weiß es genau, egal, alle warten jetzt auf seine Rückkehr. Man fährt zum Bahnhof, aber niemand steigt aus dem Zug. Wanja trainiert auf dem Schießplatz, aber keiner ist beunruhigt. Das Ganze erweist sich als Posse, in der das Warten zum Spiel geworden ist. Schließlich will Sonja zu Ende führen, was der Professor, ihr Vater, vor achtzehn (oder 100) Jahren nicht fertig brachte: Das Gut zu Geld machen. Bei der Suche nach den Dokumenten kommt ein böser Betrug ans Licht… Pawel Demirski dekliniert Tschechows philosophische Lagebeschreibung konsequent als forciertes Theater-Spiel fort.
Die Inszenierung ist die erste deutschsprachige Aufführung eines Stücks von Pawel Demirski, der in Polen zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren zählt. Regisseur Wojtek Klemm inszeniert in Deutschland, Israel und Polen; an der Volksbühne war bereits seine Umsetzung von „1-2-3 Berlin“ zu sehen.

  

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Mit: Martin Butzke, Tobias J. Lehmann, Anne Ratte-Polle, Gabriele Völsch, Axel Werner, Micha Kaplan (Musiker) und Jacob Thein (Musiker)

Regie: Wojtek Klemm
Bühne: Mascha Mazur
Kostüme: Katharina Jockwer
Musik: Micha Kaplan
Dramaturgie: Ralf Fiedler
Mitarbeit Dramaturgie: Johanna Höhmann

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