Ein Zeichen sind wir, deutungslos - so heißt es bei Hölderlin in einer verworfenen Fassung der letzten seiner späten Hymnen, Mnemosyne. Mnemosyne bedeutet Erinnerung, und um Erinnerung geht es auch in Brechts Geschäften des Herrn Julius Caesar. Konkret: Es geht um das Aufschreiben des Erinnerten. Der Cäsar-Roman hat in erster Linie Geschichtsschreibung zum Thema. Das äußert sich in den verschiedenen historiographischen Haltungen der beschriebenen Figuren, in deren Montage Brecht, wie er schreibt, wiederum seinen eigenen Standpunkt einnimmt. Brechts Schreibverfahren entspringt der Solidarität mit den vom römischen Diskurs Ausgeschlossenen. Der Roman untersucht 1938, was es heißt, die Geschichte einer abgeschnittenen Rede zu schreiben - mit dem destruktiven Ergebnis, dass dies den Wahrheitsanspruch aller Geschichtsschreibung, die ihren Gegenstand „adäquat“ zu beschreiben vorgibt, in Frage stellt. Das Sprechen über die historischen Ereignisse - ihre Darstellung im Bericht, im Roman, auf dem Theater - geht solange fehl, als es die Paradoxien ausblendet, die jeder Sprache und jedem Sprechen innewohnen. Der Mensch als, wie Brecht sagt, „viele Möglichkeiten in sich Bergendes und Verbergendes“ ist nur dann das intervenierende Andere zu jedem Geschichtsdiskurs, wenn er Zeichen in der Sprache wird, doch deutungslos. Hier beginnt Brechts Arbeit an einem anderen Begriff des Politischen: in einer Technik der Montage, die die Sprache im Sprechen unterbricht.
Mit: Boris Scarano, Michael Klobe, Mandy Rudski und Silvia Rieger
Regie: Silvia Rieger
Raum und Kostüme: Bert Neumann
Licht: Torsten König
Dramaturgie: Sabine Zielke