"Man möchte doch nicht immer so weiter", sagt Elisabeth zum Präparator des Anatomischen Instituts, dem sie soeben ihre zukünftige Leiche für wissenschaftliche Experimente angeboten hat – für 150 Mark. "Ein krasser Irrtum", sagt der Präparator, und füttert die Tauben. Ödön von Horváth hat sein 1932 geschriebenes Stück "Glaube Liebe Hoffnung" als "kleinen Totentanz" bezeichnet. Ein krasser Irrtum, möchte man meinen, denn die Erzählung von der jungen Frau, die wegen einer harmlosen Ordnungswidrigkeit ihre Selbstständigkeit aufgeben, und sich einer gnadenlos selbstbezogenen Gesellschaft ausliefern muss, ist kein kleiner Tanz, sondern der Bericht einer vollständigen Vernichtung. Dass Horváth einen solchen Untertitel wählt, erklärt sich aus einer von ihm selbst verfassten Randnotiz, die den Zwang zur Verharmlosung thematisiert: "Wie in allen meinen Stücken habe ich auch diesmal nichts beschönigt und nichts verhässlicht. Wer wachsam den Versuch unternimmt, uns Menschen zu gestalten, muß zweifellos feststellen, daß ihre Gefühlsäußerungen verkitscht sind, das heißt: verfälscht, verniedlicht und nach masochistischer Manier geil auf Mitleid, wahrscheinlich infolge geltungsbedürftiger Bequemlichkeit."
Spieldauer: 3 Stunden 35 Minuten, eine Pause
Mit: Olivia Grigolli (Elisabeth), Sasha Rau (Elisabeth), Ueli Jäggi (Alfons Klostermeyer, ein Schupo), Jean-Pierre Cornu (Präparator), Ulrich Voß (Der Baron mit dem Trauerflor), Bettina Stucky (Irene Prantl), Irm Hermann (Frau Amtsgerichtsrat), Josef Ostendorf (Der Herr Amtsgerichtsrat / Oberpräparator / Der Oberinspektor), Thomas Wodianka (Mann auf der Leiter / Joachim, der tollkühne Lebensretter / Ein Invalider / Tierkoordinator / Ein zweiter Schupo), Clemens Sienknecht (Pianist / Vorstand), Sophia Maria Keßen, Hannah von Billerbeck und Esther Preußler
Regie: Christoph Marthaler
Bühne: Anna Viebrock
Kostüme: Sarah Schittek
Licht: Phoenix (Andreas Hofer), Johannes Zotz
Musik: Clemens Sienknecht, Christoph Marthaler, Martin Schütz
Sounddesign / Realisierung Lautsprecherorchester: Klaus Dobbrick
Regie-Mitarbeit: Gerhard Alt
Dramaturgie: Malte Ubenauf, Stefanie Carp
Eine Koproduktion der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin mit den Wiener Festwochen, dem Schauspielhaus Zürich, dem Théâtre National de l’Odéon, Paris und den Théâtres de la Ville de Luxembourg.