Wenn man sich die Popmusik in Tiefe und Breite, in zeitgenössischer Vielfalt und diachroner Folge als großes, buntes Puzzle vorstellt, ist Om eines jener scheinbar nicht anlegbaren Teile, die man gern etwas länger abseits liegen lässt. Und mit denen man sich doch obsessiv beschäftigt. Die Musik Oms ist schwer, getragen, dunkel – sowohl musikalisch als auch textlich: „Empathy release me and the phoenix rises triumphant, the soul’s submergence ends“, so in etwa geht eine Zeile auf "Advaitic Songs", dem fünften Album der Band um Al Cisneros, den man als Bassist der Stoner- beziehungsweise Doom-Metal- beziehungsweise Stoner-Doom-Metal-Band Sleep kennt. Die Rhythmen sind verschleppt, als drücke eine abnorme Umwälzpumpe bleiernes Blut durch die Arterien von Drummer Emil Amos. Das ergibt nun mal keine heiteren Dreiminüter, Om zerren die gerade mal fünf Lieder des Albums auf etwa 45 Minuten. Das ist immer noch kürzer als Sleeps 50-minütiges Stück „Dopesmoker“. Om, zu deren Mitgliedern neben Cisneros auch mal der frühere Sleep-Kollege Chris Hakius gehörte, sind so etwas wie die logische Folge dieser Band und dieses Stücks, das erst 16 Jahre nach seiner Aufzeichnung auch veröffentlicht wurde. Sleep verboten, das Lied zu portionieren oder radiotauglich zu tunen, die Labels schreckten davor zurück. Die Konsequenz dieser Stoner-Ansage markierte nun aber das Feld des im Genre Ausreizbaren. Und Om gehen darüber hinaus. Zum Verrauchten, Verhangenen gesellt sich bei ihnen eine ausgeklügelte repetitive Bauart, Klavier und Streicher erweitern ihr Instrumentarium, Gastsänger fügen weitere Klangfarben hinzu. Orientalische Elemente durchdringen ihre Musik, greifen die spirituelle Motivik im Musikalischen auf.
Auch Pole lässt sich nicht umstandslos in oben beschriebenes Bild einsetzen, und trotz einiger Unterschiede gibt es einige Gemeinsamkeiten zwischen dem Berliner Musiker (aka Stefan Betke) und Om: Die tiefen Bassläufe bei gedrosseltem Tempo entfalten ähnlich wie bei Om eine beträchtliche Tiefenwirkung beim Hörer. Die Mittel indessen wählt Pole anders: Die elementreiche Elektronik ist sanft, nicht brachial, die Stücke haben Weite und trachten nach einer nach innen gerichteten Selbstentgrenzung.
Vor, zwischen und nach den Konzerten komplettiert die Istanbuler Kulturjournalistin und Radiomacherin Seda Niğbolu alias Fearplay mit das Programm zeigt, wie die Verzahnung von Pop, ritueller und experimenteller Musik in DJ-Sets gelingen kann.
Tickets kosten an unseren Billettkassen 20,- Euro bzw. 16,- Euro (ermäßigt). Bei Buchungen über unseren Webshop kommen je 2 Euro Systemgebühr dazu.
Om "State of Non-Return" from Drag City on Vimeo.
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