Was juckt die Filzlaus die Revolution?
Die DDR, das »erste Mal« oder das Pokalfinale zwischen dem 1. FC Union Berlin und Carl Zeiss Jena im Jahr ’68 – alles vergeht irgendwann und wird Erinnerung. Torsten Schulz schreibt über Zustände, Gefühle und Ereignisse, die einst Revolutionen waren und von denen man der Nachkommenschaft erzählen muss.
Was tun, wenn man das erste Mal mit einer vietnamesischen Prostituierten erlebt hat und sich hinterher in sie verliebt? Was tun mit den Filzläusen, die einen da jucken? Was tun, wenn diese Frau sich scheinbar in Luft aufgelöst hat? Die Revolution kommt aus dem Osten, für Thomas jedenfalls. Nicole, seine Angebetete, ist hingegen mit einem Kerl aus den USA beschäftigt, der wie ein gealterter Che Guevara daherkommt. Erinnerungen an eine Zeit, als man mit Sex und Politik die Welt noch grundsätzlich verändern wollte. Die aber verändert sich geradezu von selbst. So stand zum Beispiel in den 50er Jahren an einem Feuermelder vor einer Ost-Berliner Kneipe der Vater des Erzählers mit seinen Kumpels herum, weil der Wirt die Halbstarken nicht reinlassen wollte. In den 90er Jahren ist der ›Feuermelder‹ eine Szenekneipe. Eine von vielen Erinnerungen, die zu merkwürdigen und doppelbödigen Geschichten geworden sind.
Torsten Schulz ist Autor preisgekrönter Spielfilme, Regisseur von Dokumentarfilmen und seit 2002 Professor für Praktische Dramaturgie an der Filmhochschule Babelsberg. 2004 erschien sein Debütroman "Boxhagener Platz", dessen Hörspielfassung diverse Auszeichnungen erhielt, 2008 sein Erzählungsband "Revolution und Filzläuse".