Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Lesen: Nach der Utopie

Lesung mit Nora Bossong „36.9°“ und Thomas Podhostnik „Der falsche Deutsche“. Moderation Sabine Franke


Anton Stövers Ehe ist zerbrochen, seine Affären sind vorbei, als Wissenschaftler ist er in der Sackgasse. Er will in Rom über Antonio Gramsci, die prägende Gestalt des italienischen Kommunismus, forschen. Dort begegnet er einer jungen Frau, in die er sich obsessiv verliebt. Währenddessen beschäftigt er sich weiter mit der Vergangenheit: Der gebrechliche, fieberkranke Gramsci erholt sich in einem sowjetischen Sanatorium. Er soll Italien vor der Machtübernahme durch Mussolini bewahren, doch stattdessen verliebt er sich in eine russische Genossin.

Nora Bossong erzählt mit Sinn für das Absurde vom Konflikt zwischen den großen Gefühlen für einen Menschen und dem Kampf für eine große Sache.

Es ist ein wortkarger, namenloser Jüngling, der aus seinem Land, das er hasst, geflohen ist. Das verhasste Land ist Deutschland und der Fluchtort ist Kuba, wo sich „der Blonde“ in einer aussichtslosen Freundschaft zu dem jungen, intellektuellen Kubaner Yanez verstrickt, welcher maßlos für Deutschland schwärmt. Für ein Deutschland, das es so jedoch niemals gegeben hat, ein Deutschland, das aus den Gedankenwelten eines Thomas Mann, eines Hegel, Heidegger und Kant besteht. Der aus dem Sehnsuchtsort Gekommene ist Yanez‘ Ideal, das zwangsläufig zerbrechen muss. Schließlich ist er nicht einmal ein richtiger Deutscher. Und auch der Fluchtort ist für den „falschen Deutschen“ kein gelobtes Land: Die einen werden eingeschlossen, die anderen aus, mein Freund… ein unaufhaltsamer Abstieg beginnt. In seinem Roman „Der falsche Deutsche“ erzählt Thomas Podhostnik von Freundschaft und ihrem Scheitern, von kulturellen und sozialen Differenzen, von Identität, Rassismus und Vorurteilen, von Deutschland und Kuba, von uns und den Anderen.

Nora Bossong, geboren 1982 in Bremen. Studium der Philosophie und Komparatistik in Berlin, Leipzig und Rom. Veröffentlichungen: „Sommer vor den Mauern“ (2011), „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (2012), „Schnelle Nummer“ (2014). Auszeichnung mit dem Kunstpreis Berlin.

Thomas Podhostnik, 1972 in Radolfzell am Bodensee als Sohn slowenischer Gastarbeiter geboren. Lehre zum Speditionskaufmann. 1997 bis 1999 Reise nach Havanna, dort Ausbildung zum Regieassistenten. Studierte Soziologie und Politik in Konstanz und Prosa und Dramatik am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, wo er heute als freier Schriftsteller und Regisseur lebt. Unterhält den Kulturraum „Textat.“ und ist Veranstalter der UV-Lesung zur Leipziger Buchmesse.

Sabine Franke, geboren 1970, freie Lektorin und Übersetzerin. Studium der Anglistik und Germanistik in Heidelberg. Rezensionen für „Frankfurter Rundschau“ und „Tagesspiegel“. Von 2004 bis 2010 Lektorin beim Mitteldeutschen Verlag Halle/Leipzig.

Tickets kosten 6.- Euro.

  

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