"Es gibt manche Unternehmungen, bei denen ist eine sorgsame Unordnung die beste Methode" (aus dem Kapitel: Ruhm und Ehre des Walfangs).
Hermann Melvilles Roman Moby-Dick; or, the Whale, der am 14. November 1851 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, war zu Lebzeiten seines Autors kein Erfolg beschieden. Heute ist er längst in das kollektive Gedächtnis unserer Kultur eingegangen und gilt als „Zeugnis einer geradezu seismographischen kulturellen Selbstbeobachtung, die auch an unsere Gegenwart noch entscheidende Fragen stellt: Fragen der Geopolitik und Globalisierung, der Versicherung und Technik, der kulturellen Identität und ihrer transnationalen Auflösung, des Kolonialismus und Imperialismus, der Territorialisierung und Deterritorialisierung; Fragen nach den Gegensätzen von Staat und Wirtschaft, von Land und Meer, Macht und Norm, Geld und Moral“ (Weimarer Moby-Dick-Runde).
Der Mythos ist omnipräsent, die Geschichte von der Jagd nach dem Weißen Wal kann für die globalen Machtansprüche einer jeden Supermacht stehen, aber auch für die leere Besessenheit ei¬ner von Gott verlassen Welt oder das Aufbäumen einer bedrohten Art. Melville konstruierte seinen Roman aus 135 formal unterschiedlichen Kapiteln: vom Abenteuerroman bis zur Chronik, von philosophischem Exkurs bis hin zur wissenschaftlichen Abhandlung. Die am 19. November 2011 angelegte 2. Grundlagenforschung (# 1 fand am 17. Juni 2011 im Burgtheater/Wien statt) wird die Fortschreibung einer umfangreichen Annäherung sein.
So wird sich der Abend im Panzerkreuzer VOLKSBÜHNE, der sich zum Wal- und Seelenfänger Pequod wandelt, aus der Parallelität von Vorträgen bildender Künstler, Journalisten und Autoren, aus Musik, Filmen und Diskussionen zu einer einzigartigen polyphonen Erfahrung entwickeln. Durch die flottierenden Gedanken, Sätze und Musiken kann jeder Zuhörer nach eigenem Kompass navigieren und sich seine Lektüre des Romans zusammensetzen.
Im SPECKRAUM, dem Großen Haus, liest die Mannschaft – Kathrin Angerer, Hendrik Arnst, Frank Castorf, Irm Hermann, Marc Hosemann, Ulrich Matthes, Caroline Peters, René Pollesch, Silvia Rieger, Bernhard Schütz, Jeanette Spassova, Axel Wandtke, Peter Wawerzinek u.a. – sämtliche 135 Kapitel. Im Geleitschutz von Thomas Ernst Brunnsteiner (Journalist, Walfänger und Blinder Passagier), Jörg Diernberger (Autor, Musiker, Whale Watching – Streicheln & Schlachten), Ronald Düker (Journalist, Vom Ende des Wilden Westens), Dietrich Kuhlbrodt (Filmkritiker, Staatsanwalt a.D., 1 Blauwal = 100.000 Päckchen Margarine), Nils Röller (Medientheoretiker, Das Ich als Schiff—Ahabs Steuer), Mex Schlüpfer (Der Geist in den Wassern), Johannes Stüttgen (Künstler & wichtiger Mitstreiter von Joseph Beuys, Das weiße Pferd; leider erkrankt).
Der Literatur- und Kulturwissenschaftler Joseph Vogl spricht über Das charismatische Tier, Markus Krajewski, Ethel Matala de Mazza, Harun Maye und Burkhardt Wolf kommentieren einzelne Kapitel von Moby Dick kulturwissenschaftlich. Weiter mit Elke Havekost, Sir Henry am Klavier, zum krönenden Abschluss DJ Sir William. In der OFFIZIERSMESSE: Seemannsmusik (Volksbühnenchor). Im FRACHTRAUM: Maritime Köstlichkeiten.
Konzept & Leitung: Philipp Hauß und Henning Nass.
Mit einer Auswahl an Büchern rund um den Wal, präsentiert von der Fachhandlung des Wal- und Buchfangs: