1906 wurde in den Berliner Kammerspielen „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind uraufgeführt, damals skandalös und hochaktuell, über Jugendliche und das einschneidende Erlebnis der beginnenden Sexualität. 102 Jahre später wird im 3. Stock „NEBEL“ von Matthias Wittekindt uraufgeführt – und wieder stellt sich die Frage, worum es in einem aktuellen Stück über Jugend heute gehen kann.
Drei Abende haben der Regisseur Axel Wandtke und Autor Matthias Wittekindt mit P14 darüber gesprochen, was sie im Positiven wie im Negativen bewegt und umtreibt. Danach hat Matthias Wittekindt angefangen, ein Stück zu schreiben. Es dreht sich wieder um einen Moment im Leben, in dem sich etwas sehr schnell und einschneidend ändert – hier ist es eine Abifahrt. Die Schule ist vorbei. Man wird die meisten seiner Klassenkameraden vermutlich nie wieder sehen. Es gibt eine unendliche Freiheit, weil man alles studieren oder machen kann – Ausziehen, ins Ausland gehen, Reisen, Arbeiten. Unbegrenzte Freiheit steht also auf der Fahrkarte in die Zukunft; gleichzeitig sehen alle P14ler auch einen Schatten und so lautet der gesamte Text auf der Fahrkarte: Du kannst alles machen - aber mach keinen Fehler. Freiheit und Angst, Abschied und Neubeginn. Und über all dem eine enorme Verwirrung in einer unübersichtlichen Welt.
Auf der Bühne gibt es aber keine sozialpsychologische Abhandlung – die Abifahrt wurde in eine abenteuerliche und unwirkliche Umgebung verpflanzt, an einen einsamen See in den Bergen. Die Gruppe aus 18 Schülern rudert durch dichten Nebel auf eine Insel, die sich als großer Friedhof entpuppt. Und die Toten bleiben nicht da, wo sie eigentlich hingehören. Die Reise wird zunehmend surrealer und bedrohlich – aber findet diese vielleicht nur in der Phantasie der Gruppe statt? Auch wenn die Grenze zwischen Realität und Imagination immer wieder verschwimmt, geht es doch stets um ihre Interessen, ihre Ängste & Hoffnungen, um ihre Zukunft und ihr letztes gemeinsames Erlebnis.
Regie: Axel Wandtke