1848/49. Die bürgerliche Revolution in Deutschland ist niedergeschlagen. Im Zwischendeck eines Segelschiffes drängen sich Gescheiterte und Arme, Barrikadenkämpfer und revolutionäre Theoretiker, schlesische Weber und Huren, Geistliche und Wissenschaftler. Ein Konglomerat verschiedenster Schicksale, zerstörter menschlicher Hoffnungen und auch des Elends – jeder in seinem eigenen Dialekt sprechend. Ihr Ziel: Amerika, der ferne Traum eines anderen Lebens. Die Auswanderer wissen nicht, dass der Kapitän des Seglers an Proviant gespart und freie Lagerkapazitäten stattdessen für den Schmuggel von Munition und Alkohol verwendet. Hunger setzt an Bord ein und bringt die Menschen im uferlosen Ozean an den existentiellen Rand kollektiven und individuellen Handelns. Eine Meuterei gemeinsam mit den Matrosen gegen den inkriminierten Kapitän erscheint als erster Ausweg. Doch wer übernimmt danach das Kommando? In „Ozean“, dem einzigen Theaterstück von Friedrich von Gagern, gibt es keine Einigung und keinen Kompromiss. Schnell regieren an Bord rohe menschliche Instinkte, Überlebenskampf ersetzt Solidarität, Brüder der Revolution werden zu Kontrahenten. In Saufexzessen und begleitet von sexueller Entfesslung bricht die Ordnung auf dem Schiff endgültig zusammen – dessen Kentern ist eine fast logische Folge. Die Revolution, die sich in Deutschland – so Karl Marx – ohnehin schon als Farce wiederholt hat, droht gänzlich mit ihren Protagonisten in den Weiten des Meeres zu versinken.
Mit der Uraufführung von „Ozean“ setzt Frank Castorf den zweiten Text von Friedrich von Gagern – nach „Der Marterpfahl“ – um und wiedereröffnet damit die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz nach aufwändiger Sanierung.
Mit: Max Hopp (Dr. Bruno Wiegand), Michael Schweighöfer (Emerich Herczy), Hermann Beyer (Prof. Dr. Johannes Hylander), Axel Wandtke (Moritz Tausig), Volker Spengler (Ein Unbekannter), Dieter Montag (Der Kapitän des Schiffes / Pater Cornelius Janssen), Kurt Naumann Skubowius (Pater Friedrich Heinrath), Silvia Rieger (Die rote Henning), Jean Chaize (Peter Vierling), Harald Warmbrunn (Der alte Geist), Mex Schlüpfer (Ludwig Striez), Samir Osman (Schmink-Otto), Marko Dyrlich (Schlächter-Willem), Maria Kwiatkowsky (Thekla), Bärbel Bolle (Karoline Kumpf), Anne Ratte-Polle (Renate), Laura Lo Zito (Paula), Frank Büttner (Clas), Mario Fechner (Pieter) und Henry Krohmer (Jörn)
Regie: Frank Castorf
Raum und Kostüme: Bert Neumann
Dramaturgie: Sebastian Kaiser