Du hast Fotos gemacht. Du hast Filme gemacht. Du hattest Sex mit Männern. Du hattest Sex mit Frauen. Du hattest Sex mit dieser einen Frau oder diesem einen Mann – das weiß ich jetzt nicht mehr so genau. Du hast dir Lagerhäuser angeschaut. Du hast Fotos gemacht.
Und jetzt, wo du tot bist, dienst du mir als Schablone für etwas, das ich noch nicht kenne. Ich brauche Umrisse für ein Vorbild von etwas, Umrisse für ein Vorbild, etwas leben zu können, Umrisse, irgendetwas leben zu können. Aus der Montage. Jetzt, wo du tot bist, dienst du mir als Schablone für alles, was ich nicht erlebt habe oder nie erleben werde und das trotzdem Teil einer Erzählung von mir ist, die ich durch deinen toten Körper als Projektor und Projektionsfläche schleuse. Durch jeden Text, durch jedes Bild, durch jede Geste, jede Berührung. Weil ich sonst das Gefühl hätte, eben nicht zu existieren, nicht hier zu sein.
Du bist meine Schablone, mein Knoten, mein Grenzgebiet, mein Borderlands – das historische, das sexuelle, das geschlechtliche, das politische, das ökonomische, das körperliche als auch das emotionale – das mir hilft, der Verzehrung durch die MURDERLANDS um mich – die Räume, die mich morden – zu entkommen.
Spieldauer: 1 Stunde 45 Minuten
Mit: Marc Elsner, Josefin Fischer, Jonathan Kempf, Johanna Schäfer-Asch, Stella Schimmele und Genet Zegay
Regie/Text: Tom Müller
Bühne/Gestaltung: Steffen Barsch
Assistenz u.v.m.: Judith Gailer, Sina Ebell
Technische Leitung: Leander Hagen
Beleuchtung: Leander Hagen, Moni Hartwig
P14-Leitung: Vanessa Unzalu-Troya
Unter Benutzung von Schablonen von Gloria Anzaldúa, Georges Bataille, Gregg Bordowitz, Jonathan Caouette, Gilles Deleuze/Felix Guattari, Lee Edelman, Gary Fisher, Michel Foucault, John Giorno, Essex Hemphill, Tom Joslin, Mark Morrisroe, José Esteban Muñoz, Jean-Luc Nancy, Rosa von Praunheim, Marlon Riggs, James Tobias, David Wojnarowicz