Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Sehen Extra: Der Hang zum Gesamtkunstwerk

Boris Groys spricht mit Hans-Jürgen Syberberg. Moderation: Carl Hegemann


Hans-Jürgen Syberberg liebt den Nebel, Nebel, der als Zigarettenqualm aus dem Mund der Darstellerin am Anfang des Ludwig Films kommt, Nebel, der den Vordergrund des Bildes, die kostümierten Darsteller, mit dem Hintergrund der Film- Projektionsfläche zu einem Bild verbindet. Denn das scheint aus dem gesamten Fundus der Film- und Theatergeschichte, aus dem Syberberg schöpft, der effektivste Bild – Gestaltungstrick: Eine Figur, ausgeschnitten vor der Kulisse einer Filmaufnahme. Der Bühnennebel verbindet diese Ebenen. Er verbindet gleichsam das Vordergründige, die treudeutschen Figuren seiner Filme, das Who Is Who deutscher Traumata, Hitler, Parsifal, Karl May, Ludwig II, mit dem Bild vom Land selbst, das ein kinematografisches ist.

Natürlich gibt es die gigantische Wagner Totenmaske, Bühne und gleichzeitig das sinnvollste Filmset, wenn man deutscher Befindlichkeit ins Gesicht schauen will (Heinz Emigholz nennt es „die Basis des Make-Up“). Es gibt die Hitlerpuppe, überbordende Kulissen, von Mehrfachbelichtungen bis zu Stroboskop-Aufnahmen die ganze Palette des Avantgarde-Films, aber immer wieder agieren die Schauspieler vor Projektionen. Und der Nebel mildert die Distanz zwischen der Unmittelbarkeit der Bühne und dem dahinterliegenden Mythos. Der Nebel zwingt beides in ein Bild. „Deutschland spielt immer noch die Nibelungen“ (Heiner Müller).
Syberbergs Hang zum Gesamtkunstwerk hat mit seiner Rückkehr nach Nossendorf ein neues Zuhause gefunden, eine Rückbesinnung, in der Vordergrund und Hintergrund am Ende zu einer Einheit verschmelzen. Das Gesamtkunstwerk, früher der unendliche Baukasten der Theaterwelt und der Cinematografie, ist nun ein ganzes Dorf.

Der Philosoph und weltweit agierende Kurator Boris Groys, der Volksbühne seit Castorfs Anfängen verbunden und durch sein frühes Buch „Gesamtkunstwerk Stalin“ mitverantwortlich für deren zeitweise stalinistisches Image, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit singulären Gesamtkünstlern wie Wagner und Syberberg und nutzt einen seiner raren Deutschlandaufenthalte zu einem Treffen mit Syberberg in der Volksbühne. Er wird sich mit ihm über Kunst und Nichtkunst, Leben und Tod unterhalten.

Tickets kosten 8,- Euro bzw. 6,- Euro ermäßigt.

  

Eine Kooperation mit Filmgalerie451

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