Der Anfang ist eine staubige Landschaft irgendwo am Rande der Stadt. Und ein Gedicht Bertolt Brechts aus dem Jahr 1921, gesprochen von einer jungen Frau. Es geht um das Verschwinden eines Mannes und wie auch das Warten verschwindet und schließlich die Erinnerung daran.
Der Film erzählt vom Alltag junger Männer in einem Gefängnis von Mexiko-Stadt, Straftäter, die als Jugendliche verurteilt wurden und das Gefängnis als Männer verlassen werden. Es ist Dezember. Drei von 200 lernen wir näher kennen. Samuel und Ever, die für Tötungsdelikte verurteilt wurden, und Irving, der wegen bewaffneten Raubes verurteilt wurde. „Es ist kompliziert, aber ich habe das Delikt nicht begangen“, sagt Samuel. „Und jetzt bin ich hier.“ Ever hingegen erzählt, was er getan hat für Geld: „Dann hab ich ihm in den Kopf geschossen.“ Doch was erzählt sein Blick, wenn er sagt: „Ich war vierzehn.“ Und was ist mit Irving, der ein Räuber war, mit Angst vor dem Draußen, wenn das Frühjahr kommt, dem sein Vater beim Besuch am Nachmittag vor Heiligabend die richtigen Zielpunkte am Menschen fürs Töten erklärt und ihm rät, zur Armee zu gehen.
Das Leben ist eine große Selbstverständlichkeit. Der Mensch verhält sich, wie's ihm frommt. „Wer redet von den Steinen? Und wer will wissen, was uns Wasser, Abende und Himmel sind.“ Es war eine Zeit intensiven Zusammenseins, auch des täglichen, gemeinsamen Essens im hohen Speisesaal an steinernen Tischen auf Hockern aus Beton. Es war eine Zeit, in der wir nicht nur tagsüber, sondern auch eine Zeit lang nachts mit den Gefangenen lebten, in einer stillgelegten ehemaligen Massendusche des Hofs 2 hausten und drinnen blieben, was uns Respekt einbrachte, wie sichtbare Enttäuschung, als wir das Gefängnis im Januar wieder verließen.
Der Film STÄDTEBEWOHNER ist meine Antwort auf diese Enttäuschung. Er zeigt, was ich gesehen und verstanden habe. (Thomas Heise)
Ausgezeichnet mit dem DEFA-FÖRDERPREIS FÜR EINEN HERAUSRAGENDEN DEUTSCHEN DOKUMENTARFILM 2014
Jurybegründung dok leipzig:
Blutjunge Verbrecher im mexikanischen Gefängnis, in einem Land, in dem ein Menschenleben oft wenig wert ist. In Schwarz-Weiß-Bildern von rauer Poesie nähert sich der Regisseur der Härte, aber auch der Verlorenheit seiner Protagonisten. Kein Sozialdrama, sondern ein starker Versuch über minderjährige Mörder und das Unfassbare der Gewalt.
Gewinner des ARTE Dokumentarfilmpreis der 38. Duisburger Filmwoche
Tickets kosten 8,- Euro bzw. 6,- Euro (ermäßigt).