Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Lesen: Hilde Kramer - Rebellin in München, Moskau und Berlin

Szenische Lesung mit Rike Eckermann und Thomas Beier (Oboe)


Das rote „Hünenmädchen” Hilde Hilde Kramer, bei Ausbruch der Revolution erst 18 Jahre und damit nach den damaligen Gesetzen noch nicht volljährig, wird unterdessen zu einer der zentralen Figuren der Münchner Räterepublik. Schon ihre auffällige Pagenfrisur und ihre Körpergröße von fast zwei Metern machen sie zu einer in der ganzen Stadt bekannten Erscheinung der Revolution: das „Hünenmädchen Hilde”, „die Rote Hilde”, das „Mädchen mit dem Tituskopf”. Bereits am 30. November 1918 ist sie bei der Bildung der „Vereinigung Revolutionärer Internationalisten Bayerns” dabei und wird – neben Erich Mühsam – zur Geschäftsführerin ernannt. Als Münchner Delegierte reist sie „mit rotem Band im Knopfloch” durch das ganze Deutsche Reich, um Verbindung zu anderen Gruppen zu knüpfen. Sie unterzeichnet auch einen Aufruf der Internationalen Kommunisten, was selbst in den eigenen Reihen auf Kritik stößt: Der Kommunistenführer Eugen Leviné soll sich darüber mokiert haben, dass ein 18jähriges Mädchen, das noch nie politisch tätig war, einen Aufruf unterschreibt. In der Revolutionsregierung ist Hilde Kramer zunächst im Landessoldatenrat beschäftigt, arbeitet dann als Berichterstatterin der „Roten Fahne”, der Zeitung der gerade gegründeten Kommunistischen Partei, und wird zuletzt Schreiberin der Stadtkommandantur, wo sie auch für das Ausstellen von Ausweisen zuständig ist. In der Münchner Revolutionsregierung eskaliert unterdessen der Streit zwischen den Gemäßigten um Kurt Eisner und den Radikalen um Erich Mühsam. Eisner lässt am 10. Januar 1919 zahlreiche prominente Linksradikale verhaften: Darunter Leviné, Mühsam, Levien und auch Hilde Kramer. Doch schon bald muss sich Eisner dem Druck der Straße beugen und alle wieder laufen lassen. In den zahlreichen Büchern über die Revolutionszeit in München taucht der Name Hilde Kramer nicht auf. Einzig Oskar Maria Graf hat ihr in „Wir sind Gefangene“ zumindest ein kleines Denkmal gesetzt: In einer Szene begegnet er Hilde Kramer im Polizeipräsidium, wo sie zeitweise als Schreiberin der Stadtkommandantur arbeitet.
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