Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Nachbar Müller

Theater, Installationen, Film, Konzert. Heiner Müller zum 80.


Das Spiel heißt: CASTING IN DER KASSENHALLE Volksbühne sucht Statisten/kleine Rollen: Bauern für ein altes Stück von Heiner Müller: Die Umsiedlerin oder Das Leben auf dem Lande oder Die Bauern oder Das ewige Entwederoder 6. Szene Bauer Senkpiel: „...Den zeig mir Der nicht die Nase voll hat und die Schnauze Mit Politik so, dass sie ihm zum Hals Heraushängt...“ Für Heiner Müller war die Politik immer das Material für seine Stücke. „Die Umsiedlerin...“ hielt er für sein bestes. Unter dem Siegeszug der Alliierten verwandelten sich Deutschland und die Deutschen zu reiner Verhandlungsmasse. Das Volk, seit langem an Gehorsam gewöhnt, konnte sich nach dem Zusammenbruch mehr oder weniger freiwillig entscheiden, welche Art der Umerziehung es über sich ergehen lassen wollte. Es hatte die Wahl zwischen einem maschinell hergestellten Holzhammer, glatt geschliffen gut lackiert, mit der Aufschrift: DEMOKRATIE oder dem eilig zusammen gezimmerten, mehr an Werkzeug aus der Vorzeit erinnernd, auf dem eingeritzt die Formel stand: DIKTATUR DES PROLETARIATS. Das Propagandaministerium der USA hatte im Grunde die gleichen Schwierigkeiten wie die Agitatoren aus Russland. Die Deutschen erwiesen sich lange Zeit als verstockt und stur. Das einzige, was zog, war das Versprechen eines baldigen Wohlstandes für alle. Während der Westen das bewährte Modell des Sozialdarwinismus von Herrscher und Beherrschten demokratisch verfeinerte, befahl der Diktator aus dem Osten, aus jedem Menschen einen Chef zu machen. Das hatte zur Folge, dass dort bald ein Mangel an Be-Chef-tigten herrschte. Das Stück spielt vor dem Bau der Mauer in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) und handelt von den tragikomischen Kapriolen, die entstehen, wenn man allen Bauern erst ein Stück Land „schenkt“: JUNKERLAND IN BAUERNHAND und ein paar Jahre später per Holzhammer den Neuen Menschen als Teil des großen Kollektivs ausruft. Und da es in der Volksbühne derzeit um die Kollektivierung der Kunstproduktion geht, werden einige Chefclowns das Stück vorstellen und die Zuschauer aufrufen, kleine Rollen dabei zu übernehmen. Idee, Regeln, Raum und Kostüme: Ehrich Tunk, mit: Andreas Frakowiak, Irina Kastrinidis, Sebastian König, Christoph Letkowski, Inka Löwendorf, Andreas Merz, Ewa Mostowiec, Jorres Risse, Wolfgang Urzendowsky und P14. Im Rahmen von Unser Nachbar Müller erstmalig am 08. Januar um 19.30 Uhr in Kassenhalle.
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