Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

Nach längerer Zeit erstaunlicher Lärm

100 Jahre Volksbühne = 100 Seiten Papier

© Thomas Aurin

Wer hat wann was und wem gesagt? Oder die Frage, wie die Kunst ans Volk kommt und wie kommt sie zurück? Die Idee, dass Geschichte als schriftlich fixierter Sprechakt festgehalten werden kann! Der Gedanke, 100 Jahre Sprechen im Theater, über das und mit dem Theater als Grundlage für ein Buch zu sehen. Die Vorstellung, das Mikrofon in die Geschichte zu halten, das Sprechtheater und seinen Resonanzraum über 100 Jahre, von Kaiserreich und Weltkriegsausbruch bis in die Gegenwart auszuloten und zu verstehen. Der Traum, die Flüchtigkeit des Gesprochenen in einer Stimmen-Collage zur Biographie der Volksbühne am Bülow-, am Horst-Wessel-, am Liebknecht und am Rosa-Luxemburg-Platz zu verdichten. Die Stimmen erzählen nicht chronologisch Geschichte, sie treffen, kontrastieren und überlagern einander. Sie lassen die Zeiten zusammenfallen und Räume auseinandertreten. Ein Album aus Reden, Manifesten, Interviews, Ansprachen, Leitungssitzungs- und Arbeitsalltagsprotokollen, Parteitagungen, Hausführungen, Verwaltungsempfängen, Spektakel-Beobachtungen, Kritiken, Publikumsbefragungen, künstlerischen Resolutionen und Revolutionen, politischen Aufmärschen, verworfnen und verwirklichten Plänen, sozialistischen und Hitler-Grüßen, aus dem sich die DNA des Theaters kristallisiert. Dieser genetische Strang verkörpert einen Kunstbegriff, der in 100 Jahren in die Kämpfe der Zeit verwickelt und ihren Zerreißproben ausgesetzt war. Dieser Begriff ist der Begriff des epischen Theaters, die Kunst ist eine Schlachtbeschreibung.

Buchausgabe am 30.12.2014

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